Wichtig zu wissen ist, dass das Ganze ja geheim und jeder Hinweis auf die wirkliche Bedeutung verboten war. Was sollte man also da nun schreiben, wenn es galt das betrieblich Notwendige darzustellen und am besten doch nichts über die wahren Hintergründe preiszugeben? Und wie sollte dann betrieblich ein provisorischer Haltepunkt zum Umsteigen von KZ-Häftlingen für den Gebrauch der Eisenbahner vor diesem Hintergrund benannt werden? Ich kenne keine wirkliche "bahnamtliche" Bezeichnung und so habe ich für diese Beiträge als Überschrift auch die auf dem Bildfahrplan gewählte Benennung "Abzweig Mühlberg" gewählt.´
Und wer weiß, ob wirklich die Häftlinge zwischen km 1,3 und 1,5 in den Train der NWE umgestiegen sind oder auf dem Gelände des ehemaligen Anschluss Probst, östlich der Straße den Zug bereits verlassen mussten oder an der naheliegenden Kreuzung bei ca. km 8,15, wie es Winfried auch vermutet hat? Die im Ausschnitt des Bildfahrplan gezeigte Sperrfahrt braucht - soweit erkennbar - von 12:38 bis 12:43 um zum Abzweig zu kommen und fährt bereits um 12:48 nach Niedersachswerfen zurück, wo die vorgesehene Ankunftszeit 12:51 wäre. Ich finde das sehr schnell für eine Strecke als geschobener Zug, mit eventuell Anhalten zum Weiche umlegen, einen nicht technisch gesicherten Bahnübergang über eine Reichsstraße zu queren, 600 Menschen aus einem Zug zu treiben und mit denselben Maßnahmen zurückzukehren. Das Umsteigen in die Feldbahn ist jedoch auf jeden Fall beschrieben.
danke für die sicherlich mühevolle Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels Harzer Geschichte. Rein logistisch betrachtet war es ja ein riesiges Projekt und man konnte zu jener Zeit sicherlich solche Bahnprojekte recht gut projektieren, aber so 100% fertig entwickelt erscheinen mir diese Projektpläne dann doch nicht gewesen zu sein. Ein solcher Komplex hätte sicherlich tausende Arbeitskräfte gebraucht (Bau und Betrieb).... da hätte man auf der Logistischen Seite wohl noch so manches ergänzen müssen. Nur gut, dass der Wahnsinn und das Leid nicht über diese ersten Pläne hinaus gekommen sind.
...und es ist erschreckend, dass wir heute diesen Wahnsinn noch immer nicht weit hinter uns liegen lassen können. Damit meine ich nicht das Leugnen der Vergangenheit sondern menschenverachtende Gesellschaften und Krieg.
eine Info zu der Anzahl der eingesetzten Arbeitskräfte kann ich dir geben: Es sind ca. 20.000 KZ-Häftlinge während dieser Zeit dort durch die Arbeits- und Haftbedingungen ums Leben gekommen oder ermordet worden. Das sind ca. 1/3 der gesamten eingesetzten KZ-Häftlinge. Von diesen starben alleine über 1.000 im Monat März 1945 im Außenlager "Erich" in Ellrich-Juliushütte.
Das sollte einem auch eine Vorstellung von dem geben, was passieren kann, wenn Leute heutzutage von "wohl dosierter Gewalt" und Lagern für bestimmte Menschengruppen reden! Das entwickelt sich dann schon wie auch bereits damals nach der Machtergreifung der Nazis. Nur kann keiner heute sagen, dass hätte man nicht erwartet oder gewusst.
Die Zahlen beziehen sich aber hauptsächlich auf die Verbrechen, welche man in den realisierten Teilen gemacht hat. Die projektierten Teile waren ja noch eher in der Vorbereitungsphase ? Das hätte da alles vermutlich noch größere Ausmaße annehmen müssen....
...und ja, es ist beängstigend, wie wenig Abstand wir - als Menschheit - zu solchen Verhaltensmustern gewonnen haben....
es wird Zeit fortzufahren und auch das Thema langsam zum zumindest vorläufigen Abschluss zu bringen.
Vor Wochen hatte ich schon versprochen darzulegen, was offensichtlich zur Rückstellung und schließlich Aufgabe des Projektes B3b geführt hat, welches den Anschluss über die meterspurige Nordhausen Wernigeröder Eisenbahn hätte erhalten sollen. Vorausgegangen war die Planung erheblicher Untertageverlagerungen von Rüstungsproduktionen nicht nur im dafür bekannten Kohnstein, sondern auch wie oben dargestellt im Himmelberg und Mühlberg nördlich davon. Deren Flächen sollten die bestehenden für die V2- und V1-Produktion erheblich übertreffen.
Für die Logistik des Baus und der Produktion bedeutete dies eine Überforderung der bestehenden zweigleisigen normalspurigen Hauptbahn von Northeim über Herzberg nach Nordhausen im Bereich zwischen Ellrich und Nordhausen insbesondere um Woffleben und Niedersachswerfen. Die hauptsächlich von Güterzügen am Rande des Harzes befahrende Strecke mit vielen und starken Steigungen war mit bis zu 120 Zügen täglich ohnehin schon sehr gut ausgelastet. Diese erwies sich sozusagen als Nadelöhr insbesondere auch, weil die bereits geschaffenen und auch geplanten zusätzlichen normalspurigen Gleisanlagen südlich der Strecke lagen, aber die U-Verlagerungen B3a und B3b nördlich davon. Man musste also zusätzlich noch die stark befahrende Hauptbahn queren, um zu diesen Anlagen zu gelangen.
Vor diesem Hintergrund ist es anzunehmen, dass man unter der Nutzung der NWE trotz der Widrigkeit der nötigen Umladung von Normalspur auf Schmalspur bzw. die geplante Einführung eines Rollwagenverkehrs eine Ausweichmöglichkeit schaffen wollte. Das Ganze wurde hinfällig als die Planung einer alternativen Streckenführung um das Gebiet herum ins Auge fasste, die schon beim Bahnbau in den sechziger Jahren des 19 Jahrhunderts diskutiert wurde. Diese sah den Bau der Stecke ab Osterhagen entlang der Helme nach Nordhausen vor. Diese Helmetalbahn genannte Ausweichsteecke sollte dann in kürzester durch KZ-Häftlinge errichtet werden, womit der Bereich um Woffleben und Niedersachswerfen erheblich entlastet geworden wäre und die Not der Anbindung eines Projektes B3b über die NWE nicht mehr gegeben war.
Über die Helmetalbahn möchte ich selbst nicht viel schreiben, sondern einerseits auf deren Wikipedia-Eintrag verweisen. Andererseits habe ich sie euch zur Veranschaulichung wiederum mit Winfrieds starker Unterstützung in die Eisenbahnkarte Deutschlands, Blatt 29 Halle (Saale) von 1939 eingetragen. Die Ein- bzw. Ausfädelung bei Osterhagen sah übrigens ein "Tal-" und ein "Berggleis" mit geringerer Steigung aber dafür mit Schleife vor. Auf die Eintragung weiterer geplanter Abzweigungen von dieser zum Fahren in alle Richtungen habe ich der Übersichtlichkeit wegen verzichtet. Die Karte ist übrigens so gefasst, dass man auch die Orte weiterer Rüstungsprojekte in dieser Region wie z.B. in Rhumspringe, Kleinbodungen, Rottleberode und viele weitere finden kann.
Die Helmetalbahn im geplanten Zustand nachgetragen in der Eisenbahnkarte von 1939
Ich habe auch die jeweils zuständigen RBD - und sei es nur für die Bahnaufsicht - nachgetragen. Die alten Länder- bzw. Grenzen preußischer Provinzen waren hier ähnlich verstrickt.
Zuletzt: Eigentlich hatte ich vor detailliert die U-Verlagerungen und Neubauten von Eisenbahnen in diesem Gebiet, um den Umfang aufzuzeigen. Das erwies sich jedoch als Mammutaufgabe, deren Ergebnis ich vielleicht auch eines Tages nachliefere. Man hätte demnach z.B. von Nahe der Blockstelle Steinmühle (siehe Abbildung), wo die Ausfädelung der Gütergleise zum Rangierbahnhof in Nordhausen beginnen, bis Ellrich parallel zur bestehenden Hauptbahn fahren können, wäre alles umgesetzt worden. Es wäre alles vornehmlich durch KZ-Häftlinge umgesetzt worden, deren Tod man billigend in Kauf nahm.
eigentlich fehlen da noch Grenzlinien, da es hierbei nur um die damaligen Rbd-Grenzen geht auf der Karte, Nordhausen gehörte ja zur Rbd Kassel usw. Bis 1945 war es eigentlich alles egal, die Ländergrenzen spielten eine untergeordnete Rolle. Allein schon Bad Sachsa und Tettenborn gehörten bis 1945 zum Landkreis Hohnstein(Nordhausen),was aber die Unterbrechung der Nordhausen-Northeimer Bahn bedeutet hätte, wurde die Grenze im Einvernehmen der jeweiligen Besatzungsmacht geändert und die Sachsaer und Tettenborner durften ganz unkomplziert in die Westzone"ausreisen". So etwas gab es auch im Werratal, bekannt unter "Wanfrieder Abkommen" an der Strecke Eichenberg-Eschwege. Im südlich von Eichenberg befindlichen Bebenroth-Tunnel verlief die damalige Grenze über die Gleise der Werratalbahn, der Hp. Werleshausen war in der sowjetischen Zone gelegen und mittig der Werrabrücke Oberrieden wechselte die Grenze wieder zurück. Somit war die wichtige und einzige Nord-Süd-Verbindung für die Amerikaner stellenweise in der Hand der Sowjets, die laut Literatur dann auch (mehr)mal in Werleshausen die Nordwärts dampfenden Züge anhielten und zwangsleichterten. Das war natürlich nicht im Snne der ehemaligen Allierten,also wurde kurzerhand auch hier bei einer Flasche Wodka und Whisky ein größerer Gebietstausch vorgenommen, im Schloss Wanfried besiegelt und schon war an der Strecke Ruhe. Sicherlich weißt Du auch, das Du früher ab der Weiche Goetheweg bis kurz nach der scharfen Rechtskurve bergwärts bis zum ehemaligen Einfahrtvorsignal auf etwa 380 m eigentlich über britisches Gebiet gedampft bist? Auch dort wurde am 20.04.1945 die Sache "glatt" gemacht. Über den "Spezialfall" Sorge brauche ich wohl nocht zu schreiben, das ist ja auch bekannt. Aber im thüringisch/hessischen Kaligebiet war es auch lustig. Ab Gerstungen über Berka/Werra,Dankmarshausen,Heimboldshausen,Hattorf,Phillipsthal bis Unterbreizbach und weiter über Tann nach Motzlar hatte man die Strecke der Ulstertalbahn mehrmals über die Grenze gelegt, was natürlich 1945 garnicht gern gesehen wurde. Da empfiehlt sich, mal im Rossberg,Grenze über den Schienen, nach zu lesen, das ist schon interessant, ohne das Thema nun noch weiter aus zu breiten.
Weitere Auskünfte erteilt gern
Winfried PS: gepunktet ist die heutige Grenze zwischen Niedersachsen und Thüringen, bis 1990 die Staatsgrenze BRD/DDR und ab Jägerfleck ins Selketal die heutige Landesgrenze, früher Bezirksgrenze Magdeburg/Erfurt, Thüringen-Sachsen Anhalt.
Zitat von Bergmensch im Beitrag #156So viel Grenzen gab es da? Kann ich alles so nicht nachvollziehen. Gepunktet, gestrichelt, Puktgestrichelt u.w.w.i.n.n.
Die Karte war auch offensichtlich nicht dafür gedacht alle ehemaligen - welcher Art auch immer - Grenzen dort nachzuvollziehen. Wer wollte, hätte natürlich den gegebenen Link zu den Karten folgen, die richtige Heraussuchen und sich in der Legende orientieren können. Den entsprechenden Abschnitt habe ich dir und allen anderen, die den Teil vermissten, dennoch unten eingefügt. Eine Reichsgrenze ist übrigens auf der Karte nicht zu sehen.
Ein kleiner Nachtrag zur Helmetalbahn: Deren Bau war bei Kriegsende zwar schon weit fortgeschritten, aber noch nicht so weit, wie manche Darstellungen den Eindruck erwecken. So fehlten im südlichen Abschnitt nahezu alle Brücken oder andere Kreuzungsbauwerke. Und die Gleise, die auf der Trasse dort lagen, waren sicherlich Feldbahngleise und nicht Normalspur. Im Norden sah es zwar anders aus, aber für das Berggleis nach Osterhagen waren allenfalls Rodungsarbeiten im Mackenröder Forst abgeschlossen.
Und nun ein letzter, abschließender Blick zurück zum Mühlberg und dem Projekt B3b: In den Darstellungen wird von der Einstellung der Arbeiten zum Ende Oktober 1944 berichtet. In seinem Buch "Rüstungsproduktion in der Mitte Deutschlands 1929 -1945" (2. Auflage 2017, Rockstuhl-Verlag) stellt Frank Baranowski heraus, dass bereits in den Monaten zuvor die Arbeit an diesem Bau zurückgingen und es Umplanungen gab. Um so verwunderlicher ist, dass in einem Luftbild vom 25. März 1945 an der nordwestlichen Flanke des Mühlbergs ein Feldbahnzug auf heller Haldenfläche zu erkennen ist. Auf der gegenüberliegenden Seite eines dort verlaufenden Grabens könnte man sogar eine Art Umladebunker vermuten. Unter diesem verläuft eine Linie frisch aufgeworfener Erde mit Ansätzen von Brücken über Gräben. Vier Schatten des Sonnenstands von ca. 10 Uhr entlang dieser Linie lassen Fahrzeuge vermuten. Die Linie verläuft parallel des neugebauten Meterspurgleises und fädelt sich östlich in einer vermuteten Fortführung der Meterspurgleise ein. Am Rand des Berges zeigen sich weitere, kleine Halden und man meint eine Feldbahnstrecke erkennen zu können. In deren Verlauf zeigt sich ein Stolleneingang.
Luftbild vom 25.03.1945 zeigt unerwartet Tätigkeiten einen Stollenvortriebs an der nordwestlichen Ecke des Mühlbergs beim Projekt B3b
Der Verdacht aus diesen Beobachtungen, dass Ende März 1945 trotz aller Darstellungen im Bereich des Projekts Bau B3b noch am Stollenvortrieb gearbeitet wurde, wird dann durch ein 11 Tage jüngeres Luftbild vom 14. März 1945 bestätigt. Trotz der anderen Lichtverhältnisse und der daraus entstehenden Schatten hinter der Bergflanke wird deutlich, dass die helle Halde nahe des NWE-Gleises bei weitem noch nicht so weit fortgeschritten ist und in der Entstehung war. Der besonders im Luftbild vom 25. März erkennbare Stolleneingang fällt weiterhin zusammen mit dem einen Fahrstollen der ehemals vorgesehenen U-Verlagerung, wie unten zu sehen ist. Auch haben die vier Schatten veränderte Positionen, was auf weitere Bautätigkeiten hinweist.
Im Vergleich zu diesem Luftbild vom 14.03.1945 zeigt sich der Fortschritt der Arbeiten am Mühlberg zum Kriegsende
In der Zwischenzeit hatte ich auch die Möglichkeit den CIOS-Bericht No. XXXII-17: "Underground Factories in Central Germany" einzusehen. In diesem wird dieser Stolleneingang mit einer Länge von ca. 50 yards (entspricht 46 m bzw. ca. 50 m) als einzig vorgefundener Tunnel angeführt. Als bildliche Darstellung in dem Bericht dient übrigens das Luftbild Nr. 3210 des Aufklärungsflugs 106G/4779 von dem auch die hier genutzten Bilder 3209 und 3211 stammen.
Als Erkennungszeichen von Untertageverlagerungen für die Alliierten werden darin übrigens die hellen Flächen frischer Halden angeführt, die einerseits dazu dienten Ausbruchsmaterial abzulagern aber andererseits auch Höhenanpassungen am Gelände vor den Stollen vorzunehmen. Teils wurden solche Halden von den Deutschen zwar zur Tarnung noch mit Farbe besprüht, was aber erst zum Abschluss der Arbeiten erfolgte. Zu diesen Zeitpunkt waren die Projekte bereits aufgeklärt. Vorteilhaft für eine Tarnung waren jedoch die am Kohnstein bzw. Mühlberg vorhandenen bereits durch den Gips- bzw. Anhydritabbau vorliegenden hellen Bergflanken. Dennoch konnten die Alliierten in den Luftbildern die Stellen von vorangegangenen Erkundungsbohren ausfindig machen, wie auch an obiger Stelle im Bericht dokumentiert wird.
Im CIOS-Bericht wird die Aufgabe / Rückstellung von B3b angeführt, aber nicht warum im März 45 überraschenderweise dennoch am einzigen Tunnel dort gearbeitet wurde. Das liegt sicherlich daran, dass der zumeist für die Projekte um Woffleben auskunftsgebende Prof. Schriel vor diesem Zeitraum von der SS geschaßt worden war. Er bezeichnet den im Bericht abgedruckten Plan übrigens auch als einen frühen Entwurf. Neuere ließen sich wohl nach der Vernichtung aller Unterlagen in den Büros und in der Kürze der Zeit bis zur Übergabe des Gebiets an die Sowjetunion nicht mehr auffinden.
Aber warum nun dieser späte und unerklärliche Stollenvortrieb? Die Antwort kann eventuell in Manfred Bornemanns Buch "Geheimprojekt Mittelbau" von 1994 gefunden werden. In dem berichtet er, dass der Rüstungsstab des Rüstungsministeriums unter der Leitung von Karl-Otto Saur Anfang Februar 1945 von Berlin nach Blankenburg / Rübeland verlegt worden ist. Dort wollte ihn eine andere Stelle jedoch nicht haben und mittels eine Finte gelang es ihn zu vertreiben. Nächstes Ziel war Niedersachswerfen, wo er sich zuerst Anfang März im Stollen der Firma Kaselitz an der Obermühle niederlassen wollte, der der örtlichen Bevölkerung eigentlich als Luftschutzstollen diente. Dieser liegt nur ein kleines Stück südlich des oben abgebildeten neu aufgefahrenen Stollens.
In der Zeit beanspruchte er aber ebenso einen Teil des Bürostollens im Kohnstein. Beide wurden wohl in aller Eile vornehm ausgebaut. Wilhelm Kaselitz berichtete Manfred Bornemann später: "Die Herren haben nur Sekt gesoffen". Solche und in diese Richtung gehende Berichte gab es dann auch aus dem Kohnstein. So wurde Niedersachswerfen am Ende des zweiten Weltkrieges noch zu einem weiteren wichtigen Zentrum im dritten Reich.
Am Sonnabend, den 26.04. fuhr ich ab Nordhausen mit dem 8920 nach Drei Annen Hohne und kehrte von dort mit dem 8903 nach Eisfelder Talmühle zurück. Ich war mir erst nicht sicher, ob ich mit dem nächsten Dampfzug noch bis nach Quedlinburg fahren sollte, entschied mich aber dann doch den Triebwagen 8915 in Richtung Nordhausen zu nehmen und stieg in Niedersachswerfen am Haltepunkt Ilfelder Straße aus, entschlossen mir die Örtlichkeit am Mühlberg und den Überresten der geplanten Untertageverlagerung B3b anzusehen.
Fischstäbchen 187 011 am 26.04.25 als 8915 am Haltepunkt Niedersachswerfen Ilfelder Straße
Ein paar Schritte zum anschließenden Weg und man hat diesen Blick auf das Gelände vom Anschluss Probst. Wie bereits geschrieben entstand das schräg am Anschlussgleis verlaufende große, zweistöckige Gebäude erst irgendwann nach dem Krieg. Das zu erkennende Dixie-Klo natürlich auch.
Gebäude am ehemaligen Anschluss Probst hinter dem Gleis
Soweit hätten die meisten von uns noch die Örtlichkeiten in den Bildern erkannt. Da dies im Weiteren für den Mühlberg nicht mehr zu erwarten ist oder auch ganz einfach unmöglich, wie ihr noch sehen werdet, habe ich die Fotostandpunkte mit Blickrichtung in das inzwischen bekannte DOP von 2019 eingetragen. Ich hätte vielleicht noch mehr fotografieren können. Aber dies wäre vielleicht auch langweilig oder nichtssagend geworden. Es war aber vielmehr so, dass absehbar der Akku meines Handys leer werden würde und ich wollte ja noch mit dem Zug zurück (D-Ticket auf dem Handtaschenschnacker).
Die folgenden Fotostandpunkte im DOP von 2019
Wie erwartet, erkennt man im östlichen Teil gar nichts mehr und Lust auf Fotos auf denen ich nachträglich Streckenverläufe einzeichnen müsste, hatte ich nicht. Außerdem war ja der Akku zu schonen. Und so begann ich mit der Suche nach dem möglichen Überrest des dort im März 1945 tatsächlich noch aufgefahrenen kurzen Stück Stollens (siehe vorherigen Beitrag). Dieser ist im digitalem Geländemodell (DGM) zwar erkennbar, aber ob es vor Ort so sein würde? Letztendlich war ich mir an den in den zwei folgenden Bildern zu sehenden Örtlichkeit ziemlich sicher, dass es sich hier um diesen handeln muss.
Abb. 1: Ehemaliger und einziger Stollen im Mühlberg von B3b vom vorbeiführenden Weg aus gesehen.
Abb. 2: Vermutlich gesprengter Stolleneingang B3b vom Fuß des Hanges aus. Hier kommt man sicherlich nicht mehr rein.
Ziemlich nichtssagende Bilder, nicht wahr? Und wie findet man selber diesen Punkt, wenn man ihn sucht? Passenderweise hat das Projekt Hotspot Gipskarst exakt hier eine Tafel für den Eisvogel aufgestellt, den ich leider persönlich bei meinem Besuch nicht antreffen konnte.
Abb. 3: Tafel zum Eisvogel gegenüber dem ehemaligen Stollenzugang
Wie erwartet war es nicht möglich an den Resten des ehemaligen Bahndamms der NWE heranzukommen ohne fremdes Gelände zu betreten. Also versuchte ich auf den in den Luftbildern hellen Flecken, die ich oben in den Luftbildern als frisch per Feldbahn mit Stollenausbruch aufgefahrenen Halde identifiziert hatte, zu betreten und möglichst nahe an den Bahndamm zu kommen. Die angenommenen Halde entpuppte sich dabei nur als eine Geländeaufschüttung von geringer Höhe, die darüber hinaus ziemlich zugewachsen aber nicht eingezäunt ist. Von der ungefähren Spitze des ehemals dort vorhandenen Feldbahngleis, konnte man den Bahndamm in seiner seitlich bereits abgetragenen Form zwar erkennen, aber kaum sinnvoll abbilden. Ich habe es aus dokumentarischen Gründen dennoch versucht und bevor man gar nichts erkennt, diesen in den beiden folgenden Bildern mit Pfeilen gekennzeichnet.
Abb. 4: seitlich abgetragener NWE-Bahndamm im Dickicht mit Blickrichtung Nordost
Abb. 5: selber Standort nur mit Blickrichtung Nordwest, vor meinen Füßen der Bach
Kämpft man sich dann zu dem am Fuß des Mühlbergs entlang führenden Weg zurück und folgt dem ein wenig, gibt es dann jenen offenen Blick auf den Bahndamm, wo sich auch das Ende des verlegten Gleises ehemals befand.
Abb. 6: einsehbarer aber eingezäunter Bereich von Bahndamm und Gleisende
Noch ein Stück weiter auf dem Weg kommt dann das verwilderte Gelände eines verlassenen und zerfallenden Wochenendhäuschens. Passiert man jenes Gelände tritt man auf nicht eingezäunte Wiese und bekommt einen freien Blick auf das Ende des aufgeschütteten Bahndamms und auf den bestehenden Teil des bereits 1945 vorhandenen Gebäudes zwischen vermutlich geplanter NWE und 900 mm Feldbahn als Umlademöglichkeit /-schuppen.
Abb. 7: freier Blick von nicht eingezäunter Wiese auf das Ende des Bahndamms. Im Hintergrund das Gebäude aus Abb. 6
Abb. 8: Blick von dort in Richtung Westen auf das 1945 bereits existierende Gebäude zwischen vermutlich vorgesehener 1000 mm und 900 mm Spur
Überrascht haben mich doch die zum Teil einige Meter großen Höhenunterschiede auf diesem Vorgelände von B3b. Das hatte ich mir so nicht vorgestellt und dürfte noch einiges an Geländeanpassung notwendig gemacht haben, wäre es zur einer Realisierung gekommen. Vielleicht auch ein Grund, dass dieses Projekt nicht weiter verfolgt worden ist?
Abb. 9: Blick auf das Gebäude aus einer anderen Richtung. Hier werden die Höhenunterschiede im Gelände deutlicher.
Zum Schluss nochmal die Fotostandpunkte im digitalem Geländemodell mit überlagerter "basemap.de" in blau, aus der Wege, Straße und Gebäude hervorgehen. Darin erkennt man links unten auch den vorbereiteten Stollenzugang zu B3b für die Feldbahn. Der ist mit dem Wissen darüber im Gelände erkennbar. Aber Bilder aus dem Dickicht ins Dickicht erspare ich euch. Interessant auch, dass hier am unteren Ende des "Auslaugungstal" zwischen zwei Karstzügen, also im feuchtesten Bereich, ohne Höhenausgleich Stollenzugänge zum Trockenlegen geplant waren. Vielmehr hatte man den Feldbahnzugang zusätzlich noch abgesenkt. Ob das schlau war - hochwassergefährdete Stollen?
Nochmal Fotostandpunkte im Geländemodell mit in blau überlagerten Wege, Straßen und Gebäuden aus basemap.de
Moin Volker, ich bin da am 21.8.21 herumgeradelt und habe da außer Gestrüpp, abgesperrte Grundstücke und schlechte Wald und Feldwege nichts interessantes vorgefunden. Dann bin ich von da unten aus zum Mühlberg hoch gefahren. Da hatte ich an einigen wenigen Stellen wenigstens mal eine Sicht auf Niedersachswerfen, auch mit Zug. Aber da oben ist auf der Nordostseite auch alles zugebuscht gewesen so das man nicht mal runter gucken konnte.
da wollte ich schon immer mal hoch - noch lange bevor ich von dieser geplanten Untertageverlagerung B3b "Anhydrit" im Mühlberg wusste. Und auch an jenem 26.4. hatte ich es in Betracht gezogen. Habe mich dann aber doch entschieden Mühl- sowie Himmelberg zu umrunden und anschließend in Woffleben den Zug nach Northeim zu entern. Dazu gibt es nun etwas im Nachgang zu berichten.
Westlich des Gipswerks Probst verlässt der bisher benutzten Pfad die untere Kante des Bergmassivs und verläuft ein Stück oberhalb der unteren Senke des Auslaugungstals weiter. Ab hier in westlicher Richtung lag nach Michels Dittmann dann das in Angriff genommene neue Stollensystem unter der Bezeichnung B3b, was nach deren Buch zwischen Oktober 1944 und Januar 1945 begonnen wurde aufzufahren. Ich hatte deren Karte ein paar Beiträge zuvor bereits im aktuellem Luftbild gezeigt: Fred Dittmann und Jürgen Michels in ihrem Buch "Größter Geheimwaffenproduzent des Dritten Reiches". Es war an jenem Tag nicht meine Absicht nach weiteren Relikten zu suchen - höchstens wenn diese direkt vor mir auftauchen würden -, sondern eher ein Eindruck von der Gegend zu gewinnen und spazieren zu gehen.
Kurz hinter dem ehemaligen Gipswerk lagen dann kurz hintereinander Reste von Feldbahnschienen am Wegesrand. Eine Schwelle zeigte deutlich, dass es sich um 600 mm gehandelt haben musste. Aber diese waren wegen der Fundlage eindeutig dem Tagebau zuzuordnen und nicht der Untertageverlagerung. Ich erinnerte mich, dass ich zu Beginn dieser Beitragsserie irgendwo im Netz einen Bericht von jemanden zu diesem B3b gelesen hatte, der von diversen Feldbahnfunden zu berichten wusste und der mit seinen Mitstreitern auch alle 17 ehemaligen Stollenzugänge im Gelände ausfindig gemacht haben wollte. Von anderer Seite gibt es sogar Bilder vom angeblichen Inneren eines der Stollen dort. Und als ich dann aus der erhöhten Lage des Weges, den hier nicht so steilen Teil des Himmelbergs hinunter blickte, bekam ich so meine Zweifel, ob dies wirklich so gewesen ist. Und reichten die Ränder des heutzutage ausgedehnten Tagebaus nicht sogar über die möglichen alten Stollenzugänge hinweg? Warum gibt es nur bei Dittmann/Michel eine Zeichnung dieses geplanten Stollensystems, wo die bereits vollendeten Abschnitte gefüllt dargestellt sind? Auch in allen Zeichnungen zu Untertageverlagerungen, die Winfried im Archiv der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora eingesehen hatte, fehlte dieser Bereich, aber auch jener beim Mühlberg. Das wollte ich mir dann doch noch mal zu Hause in den Luftbildern ansehen:
Das Luftbild (auch wie schon häufig erwähnt bei Steimecke wiedergegeben) lässt sich gut georeferenzieren. Die Zeichnung von B3a (hier nicht sichtbar) auch noch ganz passabel, aber der Bereich von B3b passt dann schon nicht mehr ganz so genau. Aus dem Luftbild habe ich die Feldbahngleise wie gewohnt in gelb nachgezeichnet. Eines der Gleise führt direkt in den Berg zum zentralen Sprengstofflager der Untertageverlagerung B3 bei Woffleben. Hier hatte die Firma Kaselitz zuvor einen Tiefbau betrieben ("Knorpelanlage"). Diese Feldbahnzufahrt wurde schon früh für das Projekt B3 angelegt. Es ist bereits in Luftbildern vom 14.02.1944 zu erkennen. Eine amerikanische Patrouille wollte das dort verschlossene Tor nach der Eroberung einfach aufsprengen, wobei dann alles in die Luft geflogen ist und Gestein sogar bis in das ein Kilometer entfernte Appenrode geschleudert worden sein soll. Wenn dennoch von diesem Sprengstofflager im Berg Reste existieren sollten, dürften diese also etwas unaufgeräumt aussehen.
Die Zeichnung sieht übrigens Querstollen mit den Nummern von Null bis 17 vor. Das sind dann insgesamt 18 anstatt 17 und nach der Zeichnung hat man bei allen den Stollenausbau begonnen (ausgefüllte Bereiche). Das ist den Jungs doch glatt ein Stollen entgangenen ;-)
B3b nach Dittmann im aktuellem Luftbild
Im aktuellen Luftbild erkennt man nun die in diesem Bereich in den vergangenen Jahren geschaffenen Abbauflächen. Diese nähern sich dem Rand des Berges ohne wirklich an seine Kante zu reichen. Auch liegt der Gipsbruch deutlich oberhalb des Talniveaus, von wo aus die Stollen vermutlich in den Berg vorgetrieben werden sollten. Mir erschien der Bereich der möglichen Stolleneingänge zumindest jedoch teilweise verdeckt von dem Abraum, der beim Freilegen des Gipses angefallen sein muss.
Ausschnitt aus dem Luftbild von 1945 mit der Skizze von B3b nach Dittmann
Schaut man sich nun noch den vergrößerten Ausschnitt des Luftbildes von 1945 an, so wird ein hier begonnener Stollenausbau immer unwahrscheinlicher. Man sieht überhaupt keine hellen Flächen von Ausbruchsmaterial bis auf am Rüsselsee, am Ausgang des Sprengstofflagers, und es fehlt auch sonst jegliche Infrastruktur wie Feldbahnen oder Straßen dazu. Man werfe nochmal einen Blick zwei Beiträge nach oben, wie gut erkennbar so ein Stollenausbau im Gips/Anhydrit von nur 50 m am Mühlberg im Luftbild ist! Aus meiner Sicht ist hier nie ein Stollensystem für eine Untertageverlagerung angefahren worden. Vermutlich mussten die Verantwortlichen damals nur einen Plan haben, wie man gedachte die flächenmäßige Forderung nach Produktionsraum von Waffen zu erfüllen, nachdem B3b am Mühlberg ad acta gelegt wurde. Und der eingezeichnete Stollenvortrieb ist nur eine Täuschung von Tätigkeit für jemanden, der es nicht mehr prüfen konnte. Kurzum: Hier gab es nichts dergleichen.
Aber wir sind hier ja mehr oder minder in einem Eisenbahn-Forum mit regionalem Bezug und keine Untertageforscher. Deswegen habe ich noch einen Blick auf die umfangreichen Feldbahnanlagen in diesem Bereich:
Feldbahngleise nördlich des Himmelbergs mit vermutlich zweigleisigen Richtungsbetrieb zwischen B3a und der Halde
Auffällig für die Feldbahnen hier war deren zweigleisige Führung zwischen der Untertageverlagerung B3a, westlich des Himmelbergs und der großen Halde südlich der Kelle. Des Weiteren sind im Luftbild zwei hintereinander angelegt Bahnhöfe zu erkennen. Da Dank Bornemann ja bekannt war, dass dort sowohl Feldbahn in 600 mm Spurbreite als auch mit 900 mm, letztere jedoch mit fast zweifacher Länge vorhanden war, hatte ich weiter oben die Überlegung gehabt, ob hier nicht jeweils ein Gleis und ein Bahnhof für jede der beiden Spurweite vorlag. Im CIOS-Bericht wird dann aber der Grund für dieses augenscheinlich unsinnige Vorliegen zweier Spurbreiten und deren Lage genannt: Es war nämlich so, dass jede beauftragte Baufirma ihre eigene Feldbahn mitbrachte - mal 600, mal 900 - und im Bereich der südlichen Querstollen und der dortigen Fahrstollen die 600 mm Bahn zum Einsatz kam, für die Strecke in Richtung Niedersachswerfen jedoch 900 mm. Am Kohnstein soll es mit 750 mm sogar noch eine dritte gegeben haben.
Unabhängig davon habe ich mir die Luftbilder von diesen zweigleisigen Abschnitten nochmals genauer angesehen. Und in der Tat lassen sich hin und wieder Weichenverbindungen erkennen, die eine parallele Ausführung von 600 mm und 900 mm Gleisen ausschließen. Mit ein bisschen mehr Fleißarbeit ließen sich dann alle Gleisverläufe erkennbar machen, aus denen man einen durchdachten Richtungsbetrieb vermuten kann, um eine ungestörte höhere Zugreihenfolge gewährleisten zu können.
Ehemalige Feldbahngleise im aktuellem Luftbild
In diesem Bereich ist heute wie auch in Richtung Niedersachswerfen so gut wie nichts mehr von den ehemals umfangreicheren Gleisanlagen zu erkennen. Nur ein Stück Weg folgt dem ehemaligen Verlauf teilweise und es verblieben wenige Geländeerhöhungen. Das folgende Bild zeigt dann noch einen Streifen zurückgebliebenen Bodenbewuch, wo ehemals ein Gleis lag. Aber das habe ich alles erst später am Rechner entdeckt.
Zurückgebliebener Bewuchs unterhalb eines ehemaligen Gleises
PS. Die Bilder sind hier etwas kleiner eingefügt als sie wirklich sind. Zum Vergrößern einfach drauf klicken.