Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden Impressum 
Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 56 Antworten
und wurde 2.500 mal aufgerufen
 Bergbau
Seiten 1 | 2 | 3 | 4
Volka Offline




Beiträge: 4.564

31.05.2021 06:35
#31 RE: Anschlußstelle Fluor - eher ein Aufruf Antworten

Guten Morgen Reiner,

und Danke für deine Korrektur! Sehr schön, dass wir dich hier haben, der Du selbst noch hochgefahren bist. Den westlichen Teil habe ich übrigens auch nur Dank der Bilder von Thomas bereits sehr lange zurückliegenden Familienausflug letztendlich richtig einzeichnen können. Weißt Du, ob der Verlauf westlich der Straße im Gelände noch erkennbar ist? Wie gesagt, gelang es mir damals vor Ort nicht diesen Teil zu rekonstruieren.

Magst Du auch noch die anderen beiden Gleise am Schacht einzeichnen?

Ich wünsche einen schönen Tag, den Du vermutlich wieder beim Fahrradfahren genießen wirst!

Volker


Volka Offline




Beiträge: 4.564

31.05.2021 14:37
#32 RE: Anschlußstelle Fluor - eher ein Aufruf Antworten

Nachtrag: Reiner, bist Du dir mit der Kurve ins Werk eigentlich wirklich sicher? Vergleiche das doch bitte noch mal mit dem Ausschnitt der topographischen Karte, die RME-ler weiter oben im Thema eingestellt hat und jener Skizze aus berufener Hand im Bimmelbahn-Forum aus dem Jahr 2014:


Harzwanderer Offline



Beiträge: 1.218

31.05.2021 14:45
#33 RE: Anschlußstelle Fluor - eher ein Aufruf Antworten

Danke für Deine Arbeit Volker!
Danke auch für Reiners Korrektur!

Trotzdem denke ich, dass Da irgendwas noch nicht ganz passt.
Die Trasse liegt real schon auf leichten Dämmen / Einschnitten, man wird sich bemüht haben, die Steigung gleichmäßig zu verteilen. Bis zu 2m Dammhöhe/Einschnitt halte ich für realistisch.
Die Höhenlinien im Modell bilden da aber m.E. nicht völlig ab. Insofern sind nicht die einzelnen Punkte in Deinem Diagramm maßgebend, sondern es wäre m.E. die Steigung noch zu mitteln.

Wenn ich das Mitteln "durch Hinschauen" mache (im Moment habe ich nur kurz Zeit, für mehr reicht es nicht) habe ich den Eindruck, dass das gemittelte Resultat in Deinem Diagramm eine mittlere Steigung von ca. 1:30 ergeben würde (blaue Linie in Deinem Diagramm, aber über längere Abschnitt ausgeglichen).
Es wäre also (scheinbar?) möglich gewesen, die ganze Trasse mit einer mittleren Steigung von1:30 bis hinauf zum Schacht zu bauen!!!

Das überrascht mich jetzt. Das passt nicht zur (auch mir bisher bekannten) Aussage, dass es bis 1:25 oder gar bis 1:20 hochging.

=> Stimmt die blaue Kurve in Deinem Diagramm irgendwie nicht?
Oder stimmen die Angaben in der Literatur nicht?
Oder bezieht sich die Aussage, dass es bis 1:25 / 1:20 hoch ging, evtl. nur auf *lokale* Abschnitte der Trasse?

Wieder nur Fragen....!
Beste Grüße, Bernd


Volka Offline




Beiträge: 4.564

31.05.2021 20:37
#34 RE: Anschlußstelle Fluor - eher ein Aufruf Antworten

Hallo Bernd,

da haben wir ja nahezu gleichzeitig geschrieben und sich unsere Antworten vermutlich überschnitten. Ein paar Anmerkungen:

Im Bereich des Bahnübergangs muss die Strecke wirklich relativ flach gewesen sein. Das kann man auf Thomas Bilder ganz gut erkennen.

Die Werte für die Steigungen habe ich über drei Einzelwerte gemittelt. Vorher sah es noch grausamer aus, was einfach an der Auflösung und Interpolation der Höhenlinien liegt. In der Tat dürfte die wirkliche Steigung natürlich auf den Abschnitten nicht so stark geschwankt haben. Ich kann dir und auch jeden anderen übrigens die original aufgenommen Daten zusenden, damit Du dir selber ein Bild machen kannst. Aber rechts der Straße scheint mir der exakte Verlauf noch etwas im Unklaren zu sein. Die dort auftretenden Steigungen dürfte es aber nicht entzerren. Ich habe 2013 dort leider keine Bilder gemacht, die zur Aufklärung beitragen könnten.

Gibt es eventuell in Jürgens dickem Buch irgendwelche originalen Gleispläne. die zur Aufklärung beitragen könnten. Ich hatte noch nicht die Gelegenheit gehabt einmal reinzublicken und habe es mir von daher noch nicht gekauft.

Man könnte auch versuchen die Verläufe auf historischen Luftbildern nachzuvollziehen. Die werden aber erst ab 1980 so hoch auflösend, dass man einzelne Gleisverläufe sicher nachvollziehen kann. Bei älteren muss man sehr viel Glück haben, dass es den Allierten im Krieg es Wert war den Bereich hochauflösend abzulichten. Und die Bilder kosten (noch) für Sachsen-Anhalt und die online verfügbaren aus dem nahen Thüringen zeigen hier keine Überschneidungen.

Schöne Grüße

Volker


Harzwanderer Offline



Beiträge: 1.218

01.06.2021 14:38
#35 RE: Anschlußstelle Fluor - eher ein Aufruf Antworten

Lieber Volker, lieber Reiner,

ich habe jetzt nochmal versucht, die Streckenführung nördlich des Fluorschachtes nachzuvollziehen. Und zwar anhand des aktuellen Luftbildes, was bei Google Maps verfügbar ist. Siehe die zwei Bilder anbei (einmal Luftbild "pur"; einmal zusätzlich mit der daraus erkennbaren Trassenführung).

Das Luftbild zeigt den Verlauf der Trasse recht deutlich - aber weniger, weil man den Bahndamm (bzw. -Einschnitt) direkt erkennen würde (das sieht man eher nur schwach).
ABER: sehr gut erkennt man als dunkle Linie im Gelände den Bahn-GRABEN, der die Trasse vom umliegenden Gelände abgrenzt. Dieser ist als dunkle Linie prima sichtbar.
Er verläuft zunächst (wenn man "von unten" aus Richtung Selketal kommt) immer auf der bergwärtigen Seite der Anschlussgleis-Trasse (weil das Wasser, was von der bergwärtigen Seite zufließt, vom Gleiskörper ferngehalten werden soll). Diese bergwärtige Seite ist zunächst die nördliche bzw. westliche Seite der Trasse. D.h. das Gleis lag südlich bzw. östlich dieses Grabens. Das gilt aber nur bis zur Mitte des ganz im Norden liegenden 180°-Bogens. Dort wechselt der Bahngraben von der Nordseite auf die Südseite der ehemaligen Trasse (vmtl. früher ein Durchlass im Bahnkörper), und diese "Zacke" sieht man auch sehr schön im Luftbild.

Von dort weiter in Richtung Schachtgelände verliert sich der Graben dann bzw. wurde vmtl. beim Wegebau überschüttet, weil im letzten Teil vor dem Schacht die ehemalige Trasse heute als Weg dient. Aber bis dahin ist der Bahngraben die beste Orientierung für den Verlauf der Trasse, und der Rest bis zum Schachtgelände ist anhand der Wegführung ebenfalls gut zu erkennen. Im Schachtgelände gab es dann nochmal einen Bogen, wo sich das Gleis dann mittels Weichen in mehrere Ladegleise aufgespaltet hat. Wo/Wie der Bogen, die Weichen und die Gleise dann genau lagen, weiß ich auch nicht, daher das "?" im Bild. Aber bis dahin ist alles recht klar.

@Reiner: Bezogen auf Deinen Trassenvorschlag (blaue Linie in Volkas Bild) liegt die Trasse ab dem Bahnübergang also deutlich weiter nord-östlich. Der blaue Bogen, den Du eingezeichnet hast, wäre arg eng (zu eng?).
@Volka: auch Deine rote Trasse stimmt nicht ganz im Bereich des 180°-Bogens, weil dein Bild an der Stelle abgeschnitten ist. Du müsstest das Luftbild mit den Höhenlinien möglichst noch etwas nach Norden erweitern, damit Du den kompletten Trassenverlauf dort drauf hast. Dann wird alles besser passen.

Beste Grüße, Bernd


Harzwanderer Offline



Beiträge: 1.218

01.06.2021 15:19
#36 RE: Anschlußstelle Fluor - eher ein Aufruf Antworten

Lieber Volker,

Zitat von Volka im Beitrag #34
...sich unsere Antworten vermutlich überschnitten.

So ist es wohl. Daher die nächste Antwort von mir auch erst heute mittag...

Zitat
Die Werte für die Steigungen habe ich über drei Einzelwerte gemittelt. Vorher sah es noch grausamer aus, was einfach an der Auflösung und Interpolation der Höhenlinien liegt.


Ah, schon gemittelt, gut!
Ich denke, Du könntest noch deutlich mehr als nur über drei Punkte mitteln, damit es glatter wird. Du kannst mir auch die Daten schicken, wenn Du magst, dann spiele ich gern mal damit...

Zitat
Aber rechts der Straße scheint mir der exakte Verlauf noch etwas im Unklaren zu sein.


Ja, siehe mein anderer Beitrag von heute mit dem Luftbild von Tantel Gugel. Dein Bild mit den Höhenlinien ist an der Stelle (im Norden) zu stark beschnitten, deshalb siehst Du die Trasse dort nicht mehr richtig, und es sieht "komisch" aus. Erweitere Dein Bild nach Norden, der 180°-Bogen der Trasse ragte weiter nach Norden. Wenn Du dort erweiterst, wirst Du alles sehen, und alles fügt sich dann gut zusammen.

Zitat
Die dort auftretenden Steigungen dürfte es aber nicht entzerren.


Doch doch. Da der Bogen weiter nach Norden greift, wird auch die Streckenlänge länger als Dein jetziges Diagramm zeigt. Der Höhenunterschied bleibt derselbe, also wird die Steigung geringer werden.
Nur Mut, alles fügt sich! Es ist auf jeden Fall lohnenswert, Deine klasse Detailarbeit nochmal (mit der korrigierten Trasse im Bereich des 180°-Bogens) zu verfeinern. Ich bin gespannt!

Dem vorgreifend, aber schon mal folgende Betrachtung:
laut Deiner Karte und Diagramm:
"A" = Startpunkt des Anschlussgleises an der Selkebrücke auf Höhe 369m
"B" = Bahnübergang (Trasse bis dahin unstrittig): ca. bei Höhenlinie 410m und Länge ab Selkebrücke ca. 1100m
"C" = Eintritt ins Gelände des Schachtes nach Deiner Karte (rote Linie) ca. bei Höhenlinie 424m und Länge ab Selkebrücke ca. 1380m
"D" = Eintritt ins Gelände des Schachtes nach meinem Google-Luftbild und gelb-gestrichelter Trasse: ca. bei Höhenlinie 424m und (geschätzter!!!!!) Streckenlänge ca. 1450m (ich schätze, 70m Verlängerung durch mehr Bogen nach Norden ist durchaus denkbar)

dann ergibt sich:
Strecke "AB" = 41m Höhe auf 1100m Länge = mittlere Steigung 1:27 bzw. 37 Promille
Strecke "AC" = 55m Höhe auf 1380m Länge = mittlere Steigung 1:25 bzw. 40 Promille
Strecke "AD" = 55m Höhe auf ungefähr(!) 1450m Länge = mittlere Steigung ca. 1:26,4 bzw. ca. 38 Promille

"AD" müsste noch konkretisiert werden, je nachdem wie lang die Strecke durch den Bogen nach Norden wirklich wird.
"AC" suggeriert durch die zu kurze Strecke definitiv eine zu hohe Steigung. Selbst die ist aber "nur" 40 Promille!! D.h. es wäre "nur" wie am Ramberg...

Beste Grüße, Bernd


Volka Offline




Beiträge: 4.564

01.06.2021 20:25
#37 RE: Anschlußstelle Fluor - eher ein Aufruf Antworten

Lieber Bernd,

nun hat sich unser Tagewerk wieder überschnitten, aber mir scheint, wir kommen so langsam zu dem selben Ergebnis. Und dieses trifft sich mit der Zeichnung aus dem Bimmelbahn-Forum aus 2014, welches ich im Beitrag #32 eingefügt habe. Für die, die noch nicht nachgeguckt haben: Es stammt ebenfalls von Reiner. Da hat der Schlingel mich hier auf die falsche Spur geschickt .

Was habe ich heute gemacht? Ich habe mir die TK 25 von Straßberg aus dem Jahr 1988 über das Online-Angebot des Leibniz-Instituts für Landeskunde besorgt und bin per Zufall über ein schlechtes Angebotsbild eben jener Karte aus dem Jahr 1959 von einem Antiquariat gestolpert. Letzteres habe ich mühsam zurechtgeruckelt und von beiden den gleichen Ausschnitt erstellt. So kann man dann auch erkennen, wie die Verlängerung des in der 1988-Karte bereits fehlenden Rests aussieht. Und hier ist nun die Gegenüberstellung.




Das soll es heute soweit von mir hier an dieser Stelle gewesen sein.

Volker


Michael89 hat sich bedankt!
Volka Offline




Beiträge: 4.564

21.06.2021 21:26
#38 RE: Anschlußstelle Fluor / Herzogschacht Antworten

Guten Abend,

war etwas still hier. Das heißt nicht, dass es im Hintergrund keine Bemühungen gab, der Sache auf die Spur zu kommen. Bernd (Harzwanderer) und ich sind dabei unsere "Spekulatius" zu sortieren und die Angaben zu präzisieren. Die Ergebnisse kommen hoffentlich so nach und nach.

Als erstes stand die Frage im Raum, wie der Gleisverlauf eigentlich rechtsseitig der Kreisstraße nach Siptenfelde genau aussah. Linksseitig lässt er sich nach dem Luftbild und den Gegebenheiten vor Ort ganz gut ausmachen. Wenn man dann in Jürgen Steimeckes zweiten Band zu den "Strecken und Bahnhöfen der Schmalspurbahnen im Harz" auf S. 149 blickt, findet man den sehr detaillierten Plan von der Anlage 2, Bild 8 der BBA der GHE. Offensichtlich war dies auch die Vorlage für OOK's Plan in HSS2. Jürgen war so freundlich mir dieses Bild 8 aus den "Besondere Bestimmungen über Fahrten in Anschlußgleisen" der GHE von 1943 zur Verfügung zu stellen - herzlichen Dank Jürgen! Ich habe diesen Plan mal über ein aktuelles Luftbild gelegt, das ihr im Folgenden findet. Ich war überrascht wie gut der Plan zum Luftbild passt. Und Reiners etwas krickelige Zeichnung aus dem Bimmelbahn-Forum ist dazu auch ganz stimmig:



Die BBA sind übrigens von 1943 während ansonsten in der Literatur von der Eröffnung des Anschlusses im Jahr 1944 berichtet wird. Das passt nicht ganz. In der BBA und dem Bild 2 wird die Steigung des Weiteren mit 1:25 angegeben bzw. im Bild 8 der talseitige Steigungseinlauf auch mit 1:30 (etwas schwer lesbar - vielleicht doch 1:20).

Und wer genau hinsieht, erkennt noch die Lage des Ausweichgleises des Anschluss Fluor im Tal. Mit diesem Wissen muss man doch eigentlich mal wieder vorbeischauen!

Viele Grüße

Volker


OOK hat sich bedankt!
Harzwanderer Offline



Beiträge: 1.218

25.06.2021 16:03
#39 RE: Anschlußstelle Fluor / Herzogschacht Antworten

Hallo allerseits,

mein heutiger Beitrag soll Überlegungen von Volker ("Volka") und mir beinhalten, wie die Lage der Anschlussgleise auf dem Schachtgelände genau gewesen sein könnte.

Für die generelle Gleisführung der Strecke ab Selketal bis hinauf auf die Höhe ist die Übereinstimmung zwischen den alten(!) Plänen und dem heutigen(!) Luftbild sehr, sehr gut - das hatte Volker ja im letzten Beitrag eindrücklich gezeigt. Wenn man aber direkt für das Gelände des Schachtes den Teil des alten Planes von 1943 über das Luftbild von heute blendet, sieht das ungefähr so aus:


Da sieht man schon, das manches nicht so ganz passt: das Gleis verläuft durch Gebäudekanten/Außenwände, und die laut Plan 1943 eingezeichneten Gebäude (rot) passen nicht zum aktuellen Luftbild.
Man könnte aber bei diesem Bild den Eindruck haben, dass "nur" die Skalierung des roten Planes zum aktuellen Luftbild nicht ganz stimmt - wenn man die rote Zeichnung etwas vergrößern würde, könnte es eventuell besser passen? Der Rest ließe sich vielleicht durch Veränderungen am Gebäudebestand (Abriss, Neubau, Umbau) erklären?

Weitere Probleme ergeben sich aber, wenn man zusätzlich die zwei bekannten Fotos hinzu zieht, die die Anschlussgleise im Schachtgelände zeigen, und die aus der Sammlung von Jürgen Steimecke stammen. Edit durch Admin: "Jürgen hatte diese Bilder vor vielen Jahren hier im Forum gezeigt gehabt. Sie sind jedoch nicht mehr verfügbar und da die Urheberrechtsfrage offen ist, sollen sie zumindest vorläufig nicht wieder eingefügt werden. Ich habe sie aus diesen Grund wieder aus Bernds Beitrag gelöscht. Sorry! Ihr müsst den Ausführungen nun leider einfach glauben."

Nun, da passt scheinbar vieles nicht! Nämlich zum Beispiel:
a) der Gleisverlauf auf den Fotos passt offensichtlich nicht zum roten Plan von 1943 (z.B.: laut Fotos liegen die zwei Weichen im abzweigenden Strang hintereinander; laut Plan von 1943 liegen sie aber im geraden Strang hintereinander)
b) die auf den Fotos sichtbaren Gebäude passen nicht so recht zum Gebäudebestand laut Plan 1943, aber auch (mindestens teilweise) nicht zum heutigen Gebäudebestand laut Luftbild (insbesondere: der auf den Fotos sichtbare hölzerne Verladebunker ist weder auf dem Plan von 1943 eindeutig auszumachen, noch ist er - oder wenigstens Reste davon - im heutigen Luftbild erkennbar)
c) auf dem Plan von 1943 geht vom Förderturm des Schachtes eine eingezeichnete Gitterbrücke nach Norden - auf dem einen Foto, bei dem der Förderturm am rechten Rand erkennbar ist, ist aber keine derartige Konstruktion sichtbar.

Also, Widersprüche über Widersprüche! Volka hat dann noch in den Tiefen des Internets ein Foto der Schachtanlagen von 1984 gefunden, das zwar keine Gleise mehr zeigt, aber dafür die Anlagen des Schachtes mit Förderturm, umliegenden Gebäuden und einer Kranbahn unter freiem Himmel. Letztere wird zur Orientierung wichtig, deshalb hier auch dieses Bild von der Homepage Mineralienatlas (Zur Vergrößerung bitte Anklicken):


Nun wollten wir versuchen, die Widersprüche zu klären. Wegen der oben genannten Abweichung im Gleisplan dabei unter der Hypothese, dass zwischen der Erstellung des Gleisplanes von 1943 und der Aufnahme der zwei historischen Fotos von 1971 mindestens ein Teil-Umbau der Gleisanlagen stattgefunden hat, die den Unterschied erklärt. Falls es so war, dann müsste sich der Gleisplan von 1971 also aus dem Plan von 1943 durch einen (möglichst einfachen) Teil-Umbau erklären lassen.

Zunächst galt es, feste Orientierungspunkte zu finden, die evtl. auf den verschiedenen Quellen ihren Ort kaum verändert haben dürften. Die Orientierungspunkte, die wir schließlich benutzt haben, habe ich in folgender Darstellung (mit Luftbild von 2021 als aktueller Datengrundlage) mal markiert:


Zu den drei Orientierungspunkten:
* die Kranbahn ist auf dem Bild von 1984 gut sichtbar (blau umrahmt), mit Förderturm im Hintergrund. Im aktuellen Luftbild ist die Kranbahn nicht mehr enthalten (sie wurde also irgendwann abgerissen), aber die Fundamentreiche der Stützen ist im aktuellen Luftbild noch sehr gut erkennbar.
* damit ist auch der Förderturm (den es heute ebenfalls nicht mehr gibt) eindeutig lokalisierbar: er stand ungefähr im Zentrum der Halle, die eine Nord-Süd-Orientierung aufweist, und die im heutigen Luftbild mit dem hellsten Dach erscheint. Ob der Förderturm ganz mittig in dieser Halle stand oder etwas außermittig, ist schweirig zu sagen - eine etwas außermittige Lage ist durchaus möglich; jedoch unklar, wie stark. Auf jeden fall wurde der Förderturm aber allseits vom Hallendach umrahmt. Und: die Schrägstütze, die den Förderturm seitlich stützt und stabilisiert, lief in südliche(!) Richtung. Sie kann also nicht identisch sein mit der Metallgitterkonstruktion, die im Plan von 1943 verzeichnet ist, die aber vom Förderturm aus nach Norden lief.
* dann gibt es im aktuellen Luftbild noch ein charakteristisches, kleines Dach nördlich der Halle mit dem Förderturm. Ich hab es im Luftbild mal rot umkreist. Das Gebäude ist vom Grundriss recht klein, aber der Schattenwurf verrät, dass es mehrstöckig sein muss, niedriger als die große Halle mit dem hellen Dach, aber höher als die Gebäude links davon. Das Interessante ist nun, dass auf Jürgens Bildern von 1971 an ungefähr dieser Stelle (jeweils hinter dem hölzernen Verladebunker) tatsächlich auch ein Bauwerk zu sehen ist: ein turmartiger Ziegelbau mit kleinem Grundriß, aber mehreren Stockwerken, der vom Baustil her an eine Trafostation, Umspannstation oder Schaltanlage am Ende einer elektrischen Überlandleitung erinnert. Wenn dieser Turm tatsächlich mit dem heute auf den Luftbildern erkennbaren Dach identisch sein sollte, dann ist er ein hervorragender weiterer Orientierungspunkt.

Diese letzte These, dass das im heutigen Luftbild erkennbare kleine Dach *wirklich* der Ziegelturm ist, der auf den Fotos von 1971 sichtbar ist, müsste man eigentlich erst nochmal überprüfen. Weder Volka noch ich kommen aber so schnell in den Harz und können mal vor Ort schauen, ob das stimmt (man müsste ja diesen Ziegelturm auch von außerhalb des Geländes sehen können - wenn es ihn tatsächlich noch gibt...) Wir nehmen im Moment einfach mal an, dass es wirklich so ist.

Wenn man nun die genannten Orientierungspunkte nutzt, könnte man sich alles in allem folgende Entwicklung vorstellen. Zuerst der Zustand von 1943:

Der Förderturm befand sich an gleicher Stelle wie 1971, den umliegenden Gebäudebestand (Halle mit hellem Dach um den Schacht herum, und Gebäude nordwestlich davon) gab es aber damals wohl nicht. Somit konnte man die Gleise wie eingezeichnet verlegen, die Position der Gleise und der stattdessen vorhandenen Gebäude (roter Umriss) entspricht dem "roten Plan" von 1943. Im originalen roten Plan sind an den Gleisen in Schreibschrift Gleisbezeichnungen oder -funktionen angeschrieben, ich kann diese aber (leider!) nicht entziffern. Lediglich die Gleis- und Weichen-Numerierung konnte ich entziffern und habe sie identisch übernommen! Interessant: es gibt W4 und W5, d.h. die Weichen "im Tal" nahe der Selkebrücke werden wohl W1 bis W3 gewesen sein (was zu den seit HSS2 bekannten Gleisanlagen dort passt), während die Gleise oben "neu" numeriert wurden von Gleis 1 bis Gleis 3.

Aus diesem vermuteten Ausgangszustand von 1943 lässt sich dann durch wenige(!) Umbauten der Zustand von 1971 entwickeln:

Gleis 1 und Gleis 3 sowie Weiche 4 sind in generell unveränderter Position erhalten. Zwischen Gleis 1 und Gleis 3 wurde aber der hölzerne Ladebunker errichtet, aus dem Wagen auf Gleis 1 beladen werden konnten. Für diesen Bunker musste Gleis 2 entfallen, es wurde also abgebaut und W5 ausgebaut. Möglicherweise wurde genau diese W5 in Gleis 1 wieder eingebaut, um nördlich von Gleis 1 wieder ein drittes Gleis zu erreichten (was ja auf den Fotos sichtbar ist), ich habe es Gleis 4 genannt (nicht belegt, von mir willkürlich so bezeichnet). Der hölzerne Bunker zwischen Gleis 1 und Gleis 3 entspricht ungefähr(!) dem, was auf den Fotos erkennbar ist.

Hinter dem hölzernen Bunker (östlich davon) steht der Ziegelturm der Umspannstation, dahinter über Gleis 1 ein zusätzliche Überkopf-Ladebunker, der auch auf Jürgens Fotos erkennbar ist. Da auf den Fotos das Gleis 1 sehr lang erscheint, könnte es sein, dass es gegenüber 1943 verlängert wurde. Auch wie lang Gleis 4 war, bleibt offen.
Gleis 3 wurde möglicherweise verkürzt, als man begann, die große Halle (mit dem hellen Dach) um den Schacht herum zu bauen, da wäre der Bogen wohl im Wege gewesen. Auf dem Foto von Jürgen erkenne ich auch im Hintergrund keinen Bogenansatz mehr - aber es ist auch schwer erkennbar, also nicht sicher.
Möglicherweise wurde mit/vor dem Bau der neuen Halle auch der Förderturm selbst erneuert und bekam die Schräg-Stütze in südliche Richtung (statt der vorherigen Gitterbrücke nach Norden).

Mit dieser Variante wäre die Entwicklung der Gleisanlagen im Schachtbereich ziemlich historisch erklärbar, und eine recht gute Übereinstimmung sowohl mit den Plänen von 1943 als auch mit den Fotos von 1971 erzielt.
Spekulatius bleibt es natürlich trotzdem noch ein wenig...

Beste Grüße, Bernd


OOK, Volka und Drei Annen Hohne haben sich bedankt!
nettetal Offline



Beiträge: 765

25.06.2021 23:45
#40 RE: Anschlußstelle Fluor / Herzogschacht Antworten

Hallo Bernd,


schöne Arbeit ! Danke

Ich habe nur einen kleine Anmerkung:

Auf den Luftbildern unterhalb der Schachthalle ist ein fast quadratisches Gebäude - dort müsste eigentlich die Winde für die Förderanlage untergebracht gewesen sein. Dem entsprechend müsste die Position des Förderturms leicht geändert werden.

mit Grüßen

Jens


Volka hat sich bedankt!
Harzwanderer Offline



Beiträge: 1.218

27.06.2021 14:03
#41 RE: Anschlußstelle Fluor / Herzogschacht Antworten

Hallo Jens,
vielen Dank für Deinen Hinweis! Ja, jetzt denke ich, dass Du wohl recht haben wirst.
Ursprünglich dachte ich, die Fördermaschine hätte innerhalb der großen Halle gestanden. Denn Volka hatte mich auf die dreieckigen Hutzen hingewiesen, die auf dem Hallendach zu sehen waren, wo also die Seile durchs Dach hinein führten.Aber jetzt, nach Deinem Hinweis sehe ich auf dem Bild aus dem Mineralien-Atlas auch in der südlichen Giebelwand dieser Halle rechteckige Öffnungen, wo die Seile offensichtlich wieder heraus führten! Sie liefen also nur an einer Ecke durch die Halle hindurch. Und dann wohl zu dem kleineren Gebäude, was dann das Windenhaus gewesen sein dürfte. Genau wie Du schreibst. Es passt alles zusammen.

Und die rechteckigen Öffnungen in der Giebelwand sind erkennbar außermittig, nach Westen hin verschoben. Das passt auch genau zur Achse des kleinen Windenhauses. Somit stand auch der Schacht nicht mittig in der Halle, sondern deutlich nach Westen verschoben. Volka hatte so etwas schon vermutet, aber wir waren uns über die genaue Position nicht klar geworden.
Jetzt, anhand der Lage des Windenhauses und der Öffnungen in der Giebelwand der Halle, ist es eindeutig.

Ggf. werde ich da meine Skizze nochmal aktualisieren, wenn ich Zeit finde.

Beste Grüße, Bernd


Volka Offline




Beiträge: 4.564

30.06.2021 20:05
#42 RE: Anschlußstelle Fluor / Herzogschacht Antworten

Guten Abend!

Die Öffnungen im Gebäude waren mir auch schon aufgefallen und hatte sie gedanklich mit der Seilführung zu einer Fördermaschine verbunden. Insbesondere als mir das zweite, etwas versteckte Bild dazu beim auffiel, welches den Förderturm zeigt: https://www.mineralienatlas.de/lexikon/i...alerie=lokation Vermutlich habe ich vergessen dies dir, Bernd, mitzuteilen. Sorry, aber Jens hat es ja sofort bemerkt.


Vorschaubild von www.mineralienatlas.de - Beim Draufklicken öffnet sich das Bild von "Rolf J." in groß.

Wer sich das in Bernds Beitrag verlinkte Bild des Schachts anschaut, kann aber zu dem Eindruck kommen, dass die Seile wirklich in das große Gebäude führen. Ich finde auch, dass die dort irgendwie Rumhängen und nicht auf Spannung sind.

Viele Grüße

Volker


Harzwanderer Offline



Beiträge: 1.218

06.07.2021 12:05
#43 RE: Anschlußstelle Fluor / Herzogschacht Antworten

Hallo Foristen,

der heutige Beitrag soll sich noch einmal mit der Frage befassen: welche Steigung hatte denn nun das Anschlussgleis zum Herzogsschacht?

Und weil der Beitrag wohl recht lang werden wird, versuche ich mal, ihn mit Zwischenüberschriften zu gliedern. Damit ihr beim Lesen nicht einschlaft. Wem meine elaborierten Ausführungen zu viel Tüdelkram sind, der kann dann auch gleich nach unten zur Zusammenfassung springen...

MOTIVATION

Warum ist die Steigungsfrage für das Anschlussgleis überhaupt eine offene Frage? Weil es (soweit Volker und ich uns erinnern können) dazu durchaus widersprüchliche Aussagen gab! Hier im Strang hat Jürgen im zweiten Beitrag (am 2.1.2009) geschrieben: "Das Bahngleis hatte eine ständige Steigung von 1:25 und wurde erst im Jahr 1943 mit einer länge von 1,5km angelegt." Mit der Angabe 1:25 wäre es also genauso steil gewesen wie die steilsten Abschnitte (=maßgebende Neigung) am Ramberg.

Auf unserer Exkursion mit dem T1 sind wir ja die Strecke abgewandert, und da tauchten aber dann (wenn ich mich recht erinnere) Aussagen auf, die Strecke sei steiler gewesen als alle anderen Strecken der Selketalbahn. Also insbesondere auch: steiler als am Ramberg! Deshalb wäre das mit dem Bremsen talwärts eine sehr heikle Geschichte gewesen.

Also stellt sich die Frage: 1:25 - oder steiler? Und wenn ja: wie steil?

AUSGANGSDATEN

Aus den verschiedenen topgrafischen Karten konnten wir das nicht mit der erforderlichen Genauigkeit klären, die Frage musste offenbleiben. Nun hat Volker sich aber digitale Geländedaten besorgt und gelernt, damit umzugehen - und damit ergibt sich eine viel genauere Grundlage, der Steigungsfrage nochmal nachzugehen.

Das Anschlussgleis im digitalen Modell hat er in seinem Beitrag vom 30.5.2021 gezeigt, und auch ein Diagramm der daraus resultierenden Steigung. Jedoch hatte dieses Diagramm noch zwei kleine Schwächen:
a) der 180° Gleisbogen im nördlichsten Teil des Anschlussgleises war etwas abgeschnitten, dadurch die Streckenlänge scheinbar etwas kürzer als tatsächlich;
b) die ermittelte Steigung war immer noch sehr "zappelig", obwohl Volker schon über 3 Punkte gemittelt hatte.
Im letzten Teil der Strecke konnte aber (laut Volkers Ergebnissen vom 30.5.) durchaus eine Steigung von 1:20 oder vielleicht auch 1:18 oder gar 1:16 vorgelegen haben. War das des Rätsels Lösung für die genannte "Bremsproblematik" beim Talfahren: ein Gefälle von 1:16?!

Volker hat dann sein Modell nochmal überarbeitet, indem er im Bereich des 180° Gleisbogen im nördlichsten Teil des Anschlussgleises des Bildausschnitt vergrößert hat und damit die Strecke komplett "sauber" abgebildet hat. Die darauf basierenden, verbesserten Daten hat er mir dann zur Verfügung gestellt. Ich konnte damit "spielen". An dieser Stelle schon mal: Vielen Dank, Volker!!!

Zunächst zu den Grunddaten, die Volker abgelesen hat:
* der Startpunkt (Abzweigweiche im Selketal) liegt auf Höhenlinie 369m
* der Endpunkt (das Schachtgelände) liegt auf der Höhenlinie 425m
* die Länge, die Volker auf der Strecke zwischen diesen beiden Höhenlinien abgelesen hat, ist 1454m

Die Gleislänge im Schachtgelände ist dabei zunächst unberücksichtigt, als Endpunkt sei (zunächst) tatsächlich der Schnittpunkt mit der Höhenlinie 425m angenommen. Wenn man das so macht, ergibt sich ein Höhenunterschied von 56m auf der Streckenlänge von 1454m, also eine mittlere Steigung von 38,5 Promille. Das passt zunächst einmal scheinbar ganz gut zu Jürgens zitierte Angabe einer Streckenlänge von ca. 1,5km und einer Steigung von 1:25 = 40 Promille. Oder, um es anders zu sagen: prinzipiell wäre es wohl tatsächlich möglich gewesen, auf der nachgewiesenen Trasse mit einer durchgehenden Steigung von maximal 40 Promille den vorgegebenen Höhenunterschied zu überwinden. Es hätte sogar noch ein klein wenig Reserve gehabt. Also: alles geklärt?

ZWEIFEL

Ich hätte mir ursprünglich vorgestellt, dass man beim Bau des Gleises tatsächlich versucht hat, möglichst über die ganze Länge eine konstante Neigung beizubehalten - falls es denn baulich machbar war. Dies würde ja die effektivste Variante darstellen, die Steigung zu überwinden. Daher war meine Annahme also nun, dass die Höhenlage der reale Trasse ziemlich nahe an der angenommenen Gradiente mit mittlerer Steigung 1:38,5 entlang verlaufen wäre.

Nun kann man aber aus Volkers digitalem Geländemodell auch noch den lokalen Höhenverlauf der Trasse als Schnittpunkte mit den einzelnen Höhenlinien ablesen. Und dann wird es komplizierter. Und daher gibt es jetzt ein "recht buntes" Diagramm.



Das beigefügte Diagramm zeigt jetzt eine ganze Reihe von Datensätzen, insgesamt 6 Stück. Fangen wir mal mit der roten Kurve im Diagramm an. Diese rote Kurve ist der von Volker abgelesene lokale Höhenverlauf der Trasse, d.h. jeder Schnittpunkt der realen Trasse mit einer Höhenlinie ist ein Datenpunkt. (Nochmal: Merci an Volker für diese mühsame und sorgfältige Arbeit!)

Wir haben also hier den tatsächlichen Höhenverlauf der Trasse - aber mit zwei "kleinen" Einschränkungen:
erstens: es ist nicht die real vermessene Trasse, sondern basiert auf dem digitalem Modell
zweitens: es basiert auf heutigen Daten - nicht auf Höhendaten zur Zeit des bestehenden Anschlussgleises.
Die Frage ist, ob dies beides eine Rolle spielt. Wir werden darauf zurück kommen.

Soweit zum roten Plot im Diagramm. Dann zeigt das Diagramm auch noch eine durchgehend dunkelgrüne Gerade über die ganze Länge hinweg, oben drüber über dem roten Plot, und von vorn bis hinten völlig konstant geneigt. Das ist die Gerade der mittleren Neigung von 38,5 Promille, die Startpunkt und Endpunkt direkt verbindet. Also die hypothetische Trasse, die auf der ganzen Länge die konstante, mittlere Neigung von 38,5 Promille hätte.

Und wenn man diese grüne Gerade konstanter Neigung mit der realen, rot geplotteten Kurve vergleicht, dann fällt deutlich auf, dass es beträchtliche Differenzen zwischen beiden gibt! Am größten ist die Differenz ca. bei Streckenkilometer 1,25 - dort beträgt der Höhenunterschied ca. 3,4m! Heftig!!
Und dieser Höhenunterschied ist nicht nur punktuell vorhanden, sondern über eine recht große Länge im Bereich des Kilometers 1,1 bis 1,43 ist die Höhendifferenz größer als 1m!

Da die rote Gradiente gemäß des Höhenlinien-Modells nun so dermaßen deutlich von der grünen Gradiente (konstante Neigung) abweicht, bekam ich nun Zweifel: ist die oben genannte Annahme "dass man beim Bau des Gleises versucht hat, möglichst über die ganze Länge eine konstante Neigung beizubehalten" denn tatsächlich richtig?

MÖGLICHE URSACHEN DER ABWEICHUNG

Wenn man die These "konstante Steigung über die ganze Länge" retten will, stellte sich die Frage, wo die Höhendifferenz zur realen Trasse herkommt. Dafür hätte ich nun prinzipiell durchaus zwei Möglichkeiten gesehen.

Eine mögliche Erklärung (a) für die Abweichung wäre: das Höhenlinien-Modell ist auch nur eine Näherung und bildet den Bahndamm (als sehr schmale Erhebung im Gelände) nur unvollkommen ab. Dann wäre die auf den Höhenlinien basierende rote Gradiente an manchen Stellen vielleicht zu niedrig. Das könnte ich mir durchaus vorstellen (schließlich ist kein Modell vollkommen...!!) Jedoch: damit die mehr als 3m lokale Abweichung im oberen Teil zu erklären, hieße zu behaupten, dass das Modell schon *sehr* ungenau wäre...
Ich glaube es eher nicht, so große Abweichungen kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.

Eine weitere mögliche Erklärung (b) für die Abweichung wäre, dass durch und/oder nach Abbau der Strecke der Bahndamm in seiner Höhe verändert wurde, und damit das heutige Höhenprofil der roten Gradiente aus dem Höhenlinienbild nicht mehr dem früheren Verlauf entspricht. Das scheint mir nun durchaus möglich, zumindest in dem Bereich ab Höhenlinie 414m, weil dort auf der Trasse später ein Weg gebaut wurde. Dabei kann schon eine Höhenveränderung gemacht worden sein. Allerdings ist m.E. der Bahndamm im Bereich vom Bahnübergang mit der Straße nach Siptenfelde (ca. km 1,15 = Höhe 411...412m) bis ca. Höhenlinie 414m vom Wegebau völlig unbeeinflusst - und genau dort baut sich die große Höhendifferenz bis zu 3,4m auf!
In diesem Bereich könnte also höchstens Witterung oder Bewuchs zu einer Höhenänderung führen. Das ist nun sicher möglich - aber nicht so viel! 0,5m Änderung würde ich durchaus für möglich halten, aber nicht 3m.

Zusammengefasst: beide mögliche Erklärungen (a)/(b) scheinen mir nicht undenkbar, aber für die Erklärung der großen Abweichung speziell im oberen Teil der Trasse nicht hinreichend. Deshalb habe ich die oben aufgestellte Vermutung (dass man beim Bau des Gleises versucht hat, möglichst über die ganze Länge eine konstante Neigung beizubehalten) letztendlich verworfen. Stattdessen habe ich mich gefragt, ob die rote Gradiente besser erklärbar wird, wenn man stückweise andere Neigungen annimmt als die mittlere Neigung.

TRASSE MIT WECHSELNDEN NEIGUNGEN

Ich habe also nun versucht, die rote Gradiente mit Abschnitten wechselnder Neigung anzunähern. Dabei bin ich dann am Ende bei 4 Abschnitten heraus gekommen. Dementsprechend gibt es im Diagramm dann vier weitere, farbige Plots, die dem roten Plot abschnittsweise folgen. Diese gehe ich jetzt von unten nach oben durch.

(1) ganz unten: km 0,00 bis ca. km 0,22 - hellgrüner Plot
Ab der Abzweigweiche kann man die Trasse auf den ersten 220m mit einer Gerade mit durchschnittlicher Neigung von 32 Promille gut annähern. Ob es natürlich wirklich durchgehend so war, kann ich nicht sagen - aber im Mittel passt diese Steigung dort gut! Und damit war die Neigung zunächst vergleichsweise gering! Dies könnte aus der Topografie dort resultieren - es könnte aber auch Absicht gewesen sein, um den Übergabezügen dort nicht sofort die volle Steigung zuzumuten (beim und kurz nach dem Überfahren der Abzweig-Weiche) und erstmal etwas "Schwung holen" zu ermöglichen, bevor es so richtig steil hoch ging.

(2) unten: ca. km 0,22 bis ca. km 1,02 - lila Plot
Es folgt bergwärts ein sehr langes Stück mit durchgehenden Neigung von 1:25 = 40 Promille, bis kurz vor dem Bahnübergang mit der Straße Straßberg-Siptenfelde. Die Übereinstimmung der roten (realen) Gradiente mit der angenommenen Neigung von 40 Promille ist hier sehr sehr gut, was m.E. stark für die unterstellte Vermutung spricht, dass die gesamte Trasse tatsächlich mit Abschnitten wechselnder Neigung ausgeführt wurde.

(3) mitte: ca. km 1,02 bis ca. km 1,26 - blauer Plot
Im Bereich um den Bahnübergang herum scheint ein Bereich mit schwächerem Anstieg existiert zu haben - 25 Promille = 1:40 passt sehr gut. In diesem Bereich liegt der Bahnübergang mit der Straße von Straßberg nach Siptenfelde bei ca. km 1,13. Ob man hier die Neigung bewusst schwächer wählte, um den Zügen im Bereich dieses (unbeschrankten!) Bahnübergangs ein langsames, vorsichtiges Fahren zu ermöglichen? Das ist m.E. möglich. Genauso könnte es aber auch einfach aus der Topografie heraus so entstanden sein.

(4) oben: ca. km 1,26 bis ca. km 1,48 - gelber Plot
Um nun ab km 1,26 (wo eine Höhe von 414m erreicht ist) weiter bis zum Schachtgelände (auf 425m Höhe) zu kommen, musste nun vermutlich eine heftige Steigung eingelegt werden. 40 Promille wie bisher reichten nicht aus!! Denn für die verbleibenden 11m Höhenunterschied steht nur eine Länge von ca. 200m (bis maximal 220m) zur Verfügung. Ich habe daher eine Steigung von 1:20 = 50 Promille angenommen, das ist der gelbe Plot. Damit kommt man "knapp" hin: bei km 1,46, wo ungefähr die Höhenlinie 425 geschnitten wird, fehlt rechnerisch noch ein Höhenmeter. Wenn man aber unterstellt, dass die Trasse auf dem Schachtgelände auch noch 20m weiter in der Neigung gelegen haben könnte und dann in einer Neigungs-Ausrundung in die Waagerechte überging, dann passt das ganz gut. (Alternativ könnte man auf diesem letzten Abschnitt auch eine noch stärkere Neigung von 1:18 annehmen, dann käme man schon bei km 1,46 auf die Zielhöhe. Da man aber sicher bestrebt war, nur die unbedingt nötige Steigung zu wählen, halte ich 1:18 für unwahrscheinlich und 1:20 für deutlich zu bevorzugen.)

Der gelbe Plot mit Neigung von 1:20 passt zur roten Real-Gradiente recht gut, aber an einzelnen Punkten gibt es Abweichungen bis zu immerhin 1,1m Höhe. Als Grund für diese Abweichungen könnte ich mir aber Veränderungen im Laufe der Jahrzehnte (Wegebau auf der alten Trasse in diesem Bereich; Überformung des Schachtgeländes) gut vorstellen. Also kein beunruhigender Widerspruch.

BEWERTUNG

Die Annahme dieser vier Abschnitte mit wechslenden Neigungen passt zum von Volker ermittelten realen Profil sehr gut. Die Höhendifferenzen sind an allen Punkten kleiner als 1m, was m.E. die Genauigkeit des Verfahrens ist. Besser kann man es kaum erreichen.

Gegenüber der ursprünglichen Annahme (Trasse mit durchgehender Neigung von 38,5 Promille) ist die Passfähigkeit nun viel besser. Dort war ja die maximale Differenz zwischen der angenommenen Gradiente und der realen Trasse gemäß Volkers Daten 3,4m - also viel, viel mehr. Dies bedeutet auch: hätten die Erbauer des Anschlussgleises die starke Neigung im letzten Streckenteil vermeiden wollen uns stattdessen mit maximal 40 Promille Neigung auskommen wollen (was sicherlich erstrebenswert gewesen wäre), hätten sie die Trasse im Bereich von ca. km 1,05 bis ca. km 1,4 deutlich höher legen müssen, eben um bis zu 3,4m höher. Es hätte also ein ordentliche Damm aufgeschüttet werden müssen - mehrere 100m lang und bis zu 3m bis 4m hoch. Dies wäre theoretisch sicher denkbar gewesen und hätte erlaubt, eine Maximalneigung von 1:25 = 40 Promille nicht zu überschreiten. Vermutlich war aber der Aufwand dafür zu hoch, gerade in Kriegszeiten (laut Jürgen wurde die Strecke ja 1943 in Betrieb genommen). So hat man stattdessen eine Trasse mit weniger Erdarbeiten realisiert - der Preis dafür war dann eine stärkere Steigung im letzten Abschnitt der Strecke, kurz vor dem Schachtgelände.

ZUSAMMENFASSUNG

Aus den von Volker ermittelten Daten geht hervor, dass das Anschlussgleis ca. 1,46km bis 1,48km lang war (plus weitere Gleismeter innerhalb des Schachtgeländes) und einen Höhenunterschied von ca. 56m überwunden hat. Daraus ergibt sich eine mittlere Neigung von 38,5 Promille.

Dies passt recht gut zu der Aussage von Jürgen aus dem Jahr 2009: "Das Bahngleis hatte eine ständige Steigung von 1:25 und wurde erst im Jahr 1943 mit einer länge von 1,5km angelegt."

Die Daten aus dem digitalen Geländemodell lassen es jedoch sehr wahrscheinlich erscheinen, dass die Trasse nicht durchgehend eine konstante Steigung hatte, sondern aus mehreren Abschnitten wechselnder Neigung bestand. Auf großer Länge wurde dabei eine Steigung von 40 Promille nicht überschritten. Auf den letzten ca. 200m bis 220m Streckenlänge vor Erreichen des Schachtgeländes musste aber eine stärkere Steigung benutzt werden, vermutlich 1:20 = 50 Promille, eventuell lokal auch noch stärker (1:18?). Mit letzter Sicherheit lässt sich dies aus dem digitalen Geländemodell auch nicht ableiten, aber dass es mindestens 1:20 war, ist nahezu eindeutig.

Soweit die Überlegungen dazu. Beste Grüße,
Bernd


Drei Annen Hohne, Volka, Michael89 und thannator haben sich bedankt!
nettetal Offline



Beiträge: 765

06.07.2021 17:51
#44 RE: Anschlußstelle Fluor / Herzogschacht Antworten

Hallo Bernd,

Danke für Deine Ausführungen.

Der rote Plan (1945) im Buch von Jürgen nennt an der Abzweigweiche die Steige mit 1:20, wenn ich das richtig lese.

Kurz vor der ersten Anschlussweiche wird die Steigung mit 1:25 angegeben (Höhe 424,33m) und geht da noch nicht in eine Ebene über sondern liegt in 1:400.

Ich halte es auch für plausibel, dass man den Bereich der 180 grad Kehre vielleicht nicht ganz so steil angelegt hat, weil hier die Züge mehr im Bogen klemmen - so wäre trotz gleichmäßiger Neigung die Problemstelle mit dem größten Leistungsbedarf im Bogen gewesen.

mit Grüßen

Jens


Volka Offline




Beiträge: 4.564

11.07.2021 16:32
#45 RE: Anschlußstelle Fluor / Herzogschacht Antworten

Hallo Jens,

zu deiner Anmerkung mit der Steigungsangabe auf der Zeichnung bin ich mir nicht auch nicht sicher. In dem mir vorliegenden Scan könnte es auch 1:30 sein. Siehe nachfolgendes Bild. Am Herzogschacht ist auf dieser wie Du schriebst 1:25 angegeben. Dort an der ersten Weiche am Schacht steht auch die Angabe 1,5 km. Da ich in den Plan mit den Höhenlinien statt Kurven nur gerade Striche einzeichnen konnte, ist die Strecke vermutlich ein kleines Stück länger gewesen, als es sich aus der Summe der einzelnen Geraden ergibt.



Wer im Landesarchiv Sachsen-Anhalt http://recherche.landesarchiv.sachsen-an...ltextsuche.aspx übrigens nach den Stichwörter "Herzogschacht", "Suderholz" und insbesondere auch "Harzer Spatgruben" sucht, wird auch im Wernigeröder Teil des Archivs auf Akten stoßen, die u.a. auch Tagesrisse enthalten sollen. Also falls mal jemand sich länger in der Gegend aufhält und das Wetter mal schlecht sein sollte ... .

Viele Grüße

Volker


Seiten 1 | 2 | 3 | 4
 Sprung  
Xobor Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz